Leise Erinnerung entlang der KreideküsteNationalpark Jasmund. Himmelblau. Die Sonne meint es gut mit uns. Noch eine Kurve und dann sind wir da. Wir biegen rechts ab, passieren die Schranke, stellen unser Auto auf dem mittelmäßig besetzten Parkplatz in Hagen ab. So vieles ist mir vertraut. Mein Blick wandert nach Rechts. Ich schenke dem kleinen Haus unter der Anhöhe kurz meine Aufmerksamkeit. "Ok, steht alles noch", schiesst es mir durch den Kopf. Vor ein paar Jahren war das hier unsere Homebase für unseren dreiwöchigen Urlaub rund um Rügen. Einen Tag Wanderung mit Luna. Dann Luna-Regenerationstag und wir stattdessen auf Erkundungstour durch Rügen. Ab und an Regeneration für Luna-Tag für mich, dafür Aktiv-Tag für Sebastian. Immer schön abwechselnd. Für jeden machbar, für alle was Passendes dabei. Es ist schön hier, ganz oben im Norden. Das heisst, man muss aber Stille, Natur und Alleinsein mögen. Sonst wird's hier schon ganz schnell einsam. Die kleine gemütliche Bäckerei im Dorf gleich um die Ecke hat deshalb schon vor längerer Zeit aufgegeben. Nach Stralsund hat es sie verschlagen, erzählten sie mir an einem ihrer letzten Tage hier. Für frische Brötchen mussten wir ab dann immer rein nach Sassnitz. Die Honigmanufaktur scheint auch schon länger nicht mehr betrieben zu werden. Dafür werden jetzt hier oben Wohnungen gebaut. Ich packe meinen kleinen Rucksack und dann machen wir uns auf den Weg durch den Buchenwald, der momentan noch ziemlich blattlos ist. Die Natur ist dieses Jahr sowieso etwas spät dran, hier dauert es immer noch etwas länger. Weiter gehts am Hertha-See und am Burgwall vorbei. Wir sind schneller da, als ich dachte. Ich atme frische Luft, meine Augen können sich an der weißen Blütenpracht gar nicht satt sehen. Wie ein weißer Teppich verzieren sie den sonst etwas eintönig aussehenden Waldboden. An der Victoria-Sicht mache ich kurz einem Freudentanz - weil ich meiner meiner Höhenangst contra gegeben habe. Plötzlich wird es ganz still in mir. Melancholie gepaart mit Traurigkeit macht sich breit. "Die erste Tour hier ohne Luna", sage ich ganz leise. "Stimmt, schon komisch. Er war immer dabei." Sebastian geht es ähnlich. Mein Atem wird schwerer. Meine Gedanken schweifen zurück in die letzten Jahre. Innerlich suchend nach Bildern, als er hier die Gegend für sich auskundschaftete. Am schmalen Pfad meldeten sich dann meine Ängste wieder. "Luna bitte ganz eng nehmen und auf ihn aufpassen", hörte ich mich reden. Sooo oft hatte ich den Satz dort ganz nah am Abhang gesagt! Plötzlich denke ich an die Geschichte mit dem Glas Wasser. Ist es halbvoll, halbleer? ich unterbreche den Schwall negativer Gedanken durch mein Zauberwort. Das sage ich immer, wenn zertörerische Gedanken versuchen, sich länger bei mir einzunisten als erwünscht. Wärme steigt plötzlich ganz aus der Tiefe meines Herzens hoch - breitet sich in mir aus. Dankbarkeit erobert den Platz, wo gerade noch tiefste Wehmut steckte. Dankbarkeit für die vielen Wege, die wir immer gemeinsam gingen. 'Danke für Deine einfache Art, Deine Neugier, Deine Liebe, Loyalität und den Spiegel, den Du uns ab und vor Augen hältst. Ich kann mich nicht entsinnen, dass es irgendwann mal etwas gab, was Du nicht mitgemacht hast oder worüber Du Dich beschwert hättest. Du bist wirklich das Unkomplizierteste Wesen, welches ich jemals kennengelernt habe.' Letztes Jahr haben wir es das erste Mal bemerkt. Du hast das Tempo raus genommen. Bist gemächlicher geworden, brauchst mehr Pausen. Kannst nicht mehr so wie früher, willst es vielleicht gar nicht. Du magst es zwar immer noch Deiner Arbeit - dem Schnüffeln und Stöcke von A nach B tragen - unbeirrt nachgehen. Aber die Runden sind Dir kürzer, dafür besser verteilt auf den Tag. Und seit Februar ist da plötzlich dieser riesige Knubbel an Deinem Ohr. Der zwar nicht zu Dir gehört, aber glaubt, Dir das Leben schwer machen zu können. Jetzt bin ich plötzlich stolz auf Dich. Wie Du immer noch Dein Ding machst. Trotz der Last, die Du plötzlich mit Dir rumträgst. Du meditierst jetzt öfter - alleine oder mit uns. Und immer wenn Du die ersten Klänge der CD hörst hörst, dann weisst Du, dass Gesundheitszeit und Sendepause für alle ist.' Von klein auf bist Du das gewohnt. "So, Manja, jetzt bitte konzentrieren und schauen, wo Du hingehst". Sebastian holt mich zurück. Wie eigentlich immer hat er gemerkt, dass ich nicht ganz bei der Sache bin. Der Weg hier an der Steilküste ist schmal und kurvig und nicht weit vom Abhang entfernt. Wir laufen weiter bis zu den Wissower Klinken. Früher dachte ich, dass es sich Kliniken handelt und habe mir meine eigene Geschichte dazu im Kopf ausgemalt. Vor dort hast man den schönsten Ausblick auf die Kreideküste. Dann laufen wir den Weg wieder etwas zurück und biegen in den Wald hinein. Das kleine Bächlein, was wir so lieben, begleitet uns eine Weile auf unserem Weg durch den Buchenwald zurück zum Parkplatz. Das könnte Dich auch interessieren:
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